Du interessierst dich für den Farbkreis und die Farbenlehre? Dann bist du hier genau richtig, denn in diesem Tutorial erkläre ich dir alles über den Farbkreis und die Farbenlehre.
Der Farbkreis und seine Farben – Primär, Sekundär, Tertiär, Komplementär; bestimmt alles schonmal im Kunstunterricht in der Schule gehört, doch jetzt, wo du mit Pinselstiften, Buntstiften, Wasserfarben oder ähnlichem ein farbenfrohes Bild zeichnen willst, ist all das Wissen über Farben im letzten Winkel deines Hirns vergraben und du fragst dich, wie du welche Farben anmischen kannst und welche Farben gut zueinander passen?
Dann graben wir heute dein Schulwissen wieder aus und machen aus der grauen Theorie von damals bunte Praxis – ich erkläre dir heute den Farbkreis.
Farben – eine Wissenschaft für sich
Die Farbenlehre und der Farbkreis – nicht nur ein Kapitel im Lehrplan, sondern auch ein Thema, mit dem sich namenhafte Wissenschaftler schon seit vielen Jahren beschäftigen und immer wieder versuchen, sich gegenseitig mit ihren Konzepten zu übertrumpfen. Goethe, Küppers, Itten; sie alle haben einen großen Teil ihres Lebens den Farben gewidmet.
Goethe – nicht nur ein Dichter, sondern auch ein Farbenforscher
Der Goethe, der für seine literarischen Texte bekannt ist? Ja, genau dieser Goethe hat sich 40 Jahre lang mit Farbenlehre und Optik beschäftigt. Das Ergebnis waren über 2000 Seiten und ein Farbkreis, der auf dem Gegensatz von Hell und Dunkel basiert. Alle Farben entstehen nach Goethes Theorie aus der Mischung von Hell und Dunkel. Sein Farbkreis kennt nur 2 reine Farben: gelb und blau.
Der Drucktechniker Küppers und sein technisches Farbverständnis
Der Drucktechniker Harald Küppers hingegen begründet seine eher technische und rechnerisch orientierte Farbenlehre auf drei ganz anderen Basisfarben: violettblau, grün und orangerot.
DER Farbkreis von Itten
Bleibt noch der Farbkreis von Itten übrig. Itten? Klingelt da was bei dir? Ja? Würde mich nicht wundern, denn genau dieser Farbkreis von Itten ist es, der auf dem Lehrplan jeder weiterführenden Schule steht und von dem vermutlich jeder in seiner Schullaufbahn mal was gehört hat. Und da es wohl einen Grund hat, weshalb gerade dieser 1961 entwickelte Farbkreis auch den heutigen Schülergenerationen noch erklärt wird und er der bekannteste aller Farbentheorien ist, werde auch ich dir heute anhand dieses Farbschemas von Itten erklären, wie du verschiedene Farben anmischen kannst und welche Farben wie in Verbindung miteinander wirken.
Wie in der Schule – der Farbkreis von Itten
Itten unterscheidet in seinem Farbkreis zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben. Klingt erstmal nach Wissenschaft, ist aber eigentlich kein Hexenwerk, wie du gleich sehen wirst.
Primärfarben – Der Ursprung von allem ist rot, gelb und blau
Ittens Farbschema basiert auf drei von ihm definierten Primärfarben:
- gelb (ganz oben im Farbkreis)
- rot (um 120 ° versetzt im Farbkreis)
- blau (wieder um 120 ° versetzt im Farbkreis)
Diese drei Farben heißen Primärfarben, weil aus genau den Farben alle anderen Farben, die du dir vorstellen kannst, angemischt werden können – probiers ruhig mal aus; du wirst sehen, dass du – je nach Verhältnis, in dem du die drei Grundfarben miteinander mischst – ganz unterschiedliche neue Farben erhältst.
Sekundärfarben – Primärfarben 50:50 gemischt machen dein Bild durch neue Farben bunter
Wie du gerade gelernt hast, kannst du aus den drei Primärfarben alle anderen Farben anmischen. Wenn du 2 Primärfarben im Verhältnis 50:50 mischst, kriegst du eine sogenannte Sekundärfarbe – in Ittens Farbkreis liegen die zwischen den Primärfarben, also genau genommen bei 60 °, 180 ° und 300 °.
Vielleicht hast du ja gerade schon ausprobiert, was du so an neuen Farben aus den Primärfarben rauskriegen kannst – hast du auch „echte“ Sekundärfarben gemacht? Sonst probieren wirs jetzt gemeinsam:
- blau + gelb = grün
- blau + rot = violett
- rot + gelb = orange
Primär und Sekundär macht Tertiär
Jedes Kind weiß: 1 + 2 = 3. Und genau das kann man auch auf die Farbenlehre übertragen, denn da gilt: Primärfarbe + Sekundärfarbe = Tertiärfarbe 😊
Heißt: Eine Tertiärfarbe kriegst du dann, wenn du eine Primärfarbe mit einer Sekundärfarbe mischst. Einmal ausprobieren und schon haben wir unsere Farbpalette erweitert um:
- gelborange
- rotorange
- purpurrot
- blauviolett
- blaugrün
- hellgrün
Diese Farben findest du in Ittens Farbkreis zwischen den Primär- und den Sekundärfarben.
In diesem Video zeige ich dir, wie du den Farbkreis in der Praxis mischen kannst.
Von der grauen Theorie zur bunten Praxis – so entsteht mithilfe des Farbkreises ein harmonisches Bild
Jetzt weißt du schon, wie du durch Mischen alle Farben von Ittens Farbkreis in deinen Farbkasten zaubern kannst. Stellt sich nun noch die Frage: Welche Farben soll ich denn wann verwenden, heißt: Welche Farben passen gut zueinander und von welchen Kombinationen solltest du besser die Finger lassen? Auch die Antwort auf diese Fragen findest du, wenn du dir den Farbkreis von Itten anguckst.
Das Dreieck der Harmonie
Wenn du herausfinden willst, welche Farben gut zusammen aussehen, solltest du ein gleichschenkliges Dreieck (also ein Dreieck mit gleichlangen Kanten) in den Farbkreis einzeichnen.
Gesagt, getan und gelernt: Zum Beispiel mit rot, gelb und blau kannst du ein harmonisches Bild malen.
Eine Frage der Temperatur
Auch durch die Wahl von eher warmen oder eher kalten Farben kann man einem Bild eine gewisse Stimmung geben. Und auch diese Einteilung der Farben in warm und kalt kannst du ganz einfach anhand des Farbkreises vornehmen:
- Warme Farben liegen zwischen violett und gelb – also alles, was halbwegs nah an rot liegt, wird vom Betrachter als warm empfunden.
- Die eher kalten Farben liegen hingegen zwischen blauviolett und grün – all die Farben, die einen hohen Blauanteil haben.
Mit dem gezielten Einsatz von warmen und kalten Farben kannst du übrigens die Tiefenwirkung von Landschaften super malen – nach hinten, also in die Tiefe, solltest du verstärkt blau einsetzen; das wird von Betrachter als zurückweichend empfunden. Warme Farben wirken dagegen eher entgegenkommend.
Komplementärfarben – der graue Gegensatz
Du willst in deinem Bild einen starken Farbkontrast schaffen? Dann solltest du dir mal anschauen, welche Farben sich im Farbkreis genau gegenüber liegen. Wenn du diese Farben – die Komplementärfarben – zusammen in einem Bild verwendest, kannst du intensive Kontraste schaffen.
Schau dir mal die beiden Fotos vom Marienkäfer an – findest du auch, dass der rote Käfer auf dem grünen Blatt mehr leuchtet und viel roter wirkt als auf dem weißen Blatt? Woran das liegt? Schauen wir mal in den Farbkreis und da haben wir des Rätsels Lösung: rot ist die Komplementärfarbe von grün 😊
Interessant sind übrigens noch 2 Dinge:
- Wenn du Komplementärfarben miteinander mischst, erhältst du immer grau!
- Dein Auge erzeugt auch Komplementärfarben. Wie? Schau mal eine Zeit lang – so 30 Sekunden – ohne zu blinzeln den roten Punkt hier an. Danach schaust du auf ein weißes Blatt – und ich wette mit dir, du siehst erstmal einen grünen Punkt auf dem eigentlich weißen Blatt 😊 Man spricht dabei übrigens vom sogenannten Sukzessivkontrast..
Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, durch Farben Kontraste in deinem Bild zu schaffen. Wenn dich das Thema interessiert, kannst du gerne die weiterführenden Infos am Ende des Beitrags lesen 😊
Kurz und knapp
Geschafft – zusammen haben wir dein bestimmt noch irgendwo vorhandenes Schulwissen über den Farbkreis und die Farbenlehre ausgegraben. Du weißt jetzt, dass aus den drei Grundfarben rot, gelb und blau alle anderen Farben angemischt werden können – wenn du 2 Grundfarben in gleichen Teilen miteinander mischst, erhältst du eine Sekundärfarbe und wenn du die wiederum mit einer Grundfarbe mischst, erhältst du eine Tertiärfarbe. Du hast außerdem gelernt, wo welche Farben im Farbkreis liegen und wie du den Farbkreis nutzen kannst, um die Farben zu finden, die gut zueinander passen – oder aber große Kontraste erzeugen.
Damit hast du das notwendige Rüstzeug an der Hand, um farbenfrohe Kunstwerke zu schaffen – egal ob mit Buntstiften, Pinselstiften oder Acrylfarben! Viel Spaß dabei!
Mit welchen Farben malst du am liebsten?
Dich interessiert das Thema „Kontraste“? Dann würde ich dir empfehlen, weiterzulesen 😊
Weiterführende Infos – So wird mit Hilfe der Kontraste nach Itten aus deiner Zeichnung ein richtiges Kunstwerk!
Itten hat nicht nur den Farbkreis entwickelt, sondern auch noch verschiedene Kontraste definiert, die dir beim Zeichnen weiterhelfen können. Deshalb stelle ich dir eine Auswahl dieser Kontraste noch kurz vor.
Richtig bunt – Der Farbe-an-sich-Kontrast
Du möchtest, dass dein Bild richtig bunt und knallig wirkt? Dann solltest du dein Bild hauptsächlich aus reinen Farben – also ohne sie durch das Beimischen von weiß abzutönen – malen. Man spricht dann vom „Farbe-an-sich-Kontrast“.
In die Tiefe gehen – Der Hell-Dunkel-Kontrast
Wenn du in deinem Bild gerne die Tiefen herausarbeiten möchtest, solltest du die Wechselwirkungen von hellen und dunklen Farben ausnutzen. Helle Farben führen dazu, dass dir dein Gemälde quasi entgegenkommt – dunkle Farben bewirken genau das Gegenteil und gehen in die Tiefe.
Ähnliches gilt übrigens auch für den Einsatz von satten, leuchtenden vs. trüben, getönten Farben – man spricht dann vom Qualitätskontrast (die getönten Farben führen da zur Tiefenwirkung bzw. Tiefenunschärfe).
Alles eine Frage der Menge – Quantitätskontrast
Du willst dein Bild spannungsgeladen oder doch eher beruhigend malen? Dann solltest du dir mal den Quantitätskontrast anschauen. Bei diesem Kontrast geht es um die unterschiedliche Intensität von Farben – eine orangene Fläche wirkt doppelt so stark wie eine gleich große blaue Fläche; bei rot und grün nebeneinander kann man keine Unterschiede in der Größe erkennen; gelb hingegen wirkt dreimal so groß wie violett.
Auch wenn das nachfolgende Bild aus unterschiedlich großen Flächen besteht, wird glaube ich trotzdem ganz gut deutlich, dass auch die Farbe einen Einfluss darauf hat, wie groß die Fläche dem Betrachter erscheint 😊
Hallo Simon! Das ist ein fantastisches Video – Herzlichen Dank für Deine präzisen Ausführungen. Auf dieses detaillierte Video bin ich zufällig gestoßen und sehr aufmerksam geworden. Ich werde es meinen Schülern im Kunstunterricht auf dem digitalen Monitor zeigen – besser könnte ich es ihnen nicht erklären und vorführen. Liebe Grüße E. Lübbert
Vielen lieben Dank, Edeltraud!
Freut mich, dass ich helfen konnte. 🙂
LG Simon
Team Schnaud